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Klimaschutzkonzept Kanton Uri
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Am Anfang eines wirkungsvollen Klimaschutzes steht eine Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz). Der Kanton Uri erfasst so, wie viele Emissionen in welchem Sektor oder Bereich entstehen und wo Massnahmen entsprechend ansetzen müssen.
Daten: Ecospeed Region, kantonaler Emissionskataster, Infras
Bei der Erfassung der Treibhausgasemissionen des Kantons Uri wird zwischen direkten und indirekten Emissionen unterschieden. Die Bilanzierung erfolgt dabei nach dem Territorialprinzip: Nur die direkten Emissionen sind für die Bilanzierung relevant. So können Doppelzählungen über Kantons- oder Landesgrenzen hinweg vermieden werden, und es stehen jene Emissionen im Vordergrund, die am besten beeinflussbar sind.
Für das Netto-Null-Ziel sind die indirekten Emissionen ebenso bedeutend wie die direkten. Im Urner Klimaschutzkonzept wird deshalb auch den indirekten Emissionen Rechnung getragen, soweit der Kanton über Möglichkeiten verfügt, zu deren Reduktion beizutragen.
Die direkten Treibhausgasemissionen des Kantons Uri betrugen 2020 rund 241’000 Tonnen CO2-Äquivalente, was pro Kopf rund 6,5 Tonnen CO2-Äquivalenten entspricht. Die meisten dieser Emissionen entfallen auf die Sektoren Verkehr (rund 127’000 Tonnen CO2-Äquivalente) und Landwirtschaft (rund 40’000 Tonnen CO2-Äquivalente). Rund 60 Prozent der Verkehrsemissionen stammen aus dem Transitverkehr.
CO2 ist das bedeutendste Treibhausgas im Kanton Uri. Auch in den einzelnen Sektoren stehen die CO2-Emissionen mehrheitlich im Vordergrund. In den Sektoren Landwirtschaft sowie Abfall- und Abwasserentsorgung dominieren hingegen Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Emissionen synthetischer THG stammen vor allem aus Kältemitteln in Klima- und Kühlanlagen in den Sektoren Verkehr und Dienstleistungen. Um einen Vergleich zwischen den verschiedenen Treibhausgasen herstellen zu können, werden diese anhand ihres Erwärmungspotenzials in CO2-Äquivalente umgerechnet. Die Tabelle unten gibt einen Überblick über die Gase und Emissionsmengen pro Sektor.
Grundlagen zur Bestimmung der kantonalen Treibhausgas-Bilanz:
umfassen alle Emissionen, die innerhalb des Kantonsgebiets – z. B. durch den Verbrauch fossiler Energieträger oder aus der Landwirtschaft – in die Atmosphäre entweichen («Territorialprinzip»).
umfassen Emissionen, die nicht auf Kantonsgebiet entstehen, aber bei der Bereitstellung von «importierten» und im Kanton konsumierten Energieträgern und Produkten sowie durch den Konsum von Dienstleistungen ausserhalb des Kantonsgebiets (z. B. Flugreisen) verursacht werden.
Indirekte Treibhausgasemissionen 2020
Die indirekten Treibhausgasemissionen des Kantons Uri (Abb. 3.4) umfassten 2020 310’000 Tonnen CO2-Äquivalente (rund 8,5 Tonnen CO2-Äquivalente pro Kopf). Wie auf nationaler Ebene ist auch im Kanton Uri der Anteil der indirekten Treibhausgasemissionen an der Gesamtbilanz grösser als jener der direkten Emissionen.
Es handelt sich dabei vor allem um Emissionen, die bei der Herstellung, beim Transport und zu einem kleinen Teil bei der späteren, ausserkantonalen Entsorgung importierter Konsum- und Investitionsgüter (Nahrungs- und Genussmittel, Haushaltsgeräte und Maschinen, Fahrzeuge, Gebäudeteile, Energieträger etc.) entstehen.
Die indirekten Treibhausgasemissionen sind – in Übereinstimmung mit dem Territorialprinzip – nicht Teil der kantonalen Emissionsbilanz. Sie werden hier trotzdem ausgewiesen, da das Urner Klimaschutzkonzept auch Massnahmen enthält, die zur Reduktion der indirekten Emissionen beitragen.
Bei der Bilanzierung der Urner Treibhausgasemissionen sind zusätzlich die Negativemissionen zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um die Wirkung von Massnahmen, die der Atmosphäre CO2 entziehen. Diese werden allerdings erst wichtig, wenn die Möglichkeiten der Emissionsreduktion ausgeschöpft sind. Schwer vermeidbare Emissionen könnten einst mithilfe biologischer oder technischer Speicher («Senken») neutralisieret werden, damit die Zielvorgabe «Netto-Null» eingehalten werden kann.
Um die Klimawirkung der verschiedenen Treibhausgase miteinander vergleichen zu können, werden CO2-Äquivalente (CO2-eq) verwendet. Die dazu benutzte Umrechnungsmetrik wurde in den Umsetzungsbestimmungen der UNO-Klimakonvention festgelegt und seither von allen Ländern, inklusive der Schweiz und im Urner Klimaschutzkonzept, angewendet. Diese vergleicht die Wirkung bezogen auf einen Zeitraum von 100 Jahren (GWP100). Die Verwendung dieser Metrik ist ein Kompromiss, da es kein Verfahren gibt, das der unterschiedlichen Verweildauer der einzelnen Treibhausgase in der Atmosphäre vollumfänglich Rechnung tragen kann. So wird z. B. die Klimawirkung von Methan (CH4) kurzfristig (nächste Jahrzehnte) stark unterschätzt, längerfristig jedoch überschätzt.
Wenn für die Berechnungen zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050 die kurzfristige Klimawirkung von Methan zugrunde gelegt würde, wäre das CO2-Äquivalent von Methan deutlich höher als bei der im Konzept verwendeten, international vereinbarten Umrechnungsmetrik. Die Reduktion der Methanemissionen ist daher ein wichtiges und kurzfristig hochwirksames Mittel für die Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050. Es gibt kein denkbares Szenario für die Erreichung dieses Ziels ohne eine substanzielle Reduktion der Methanemissionen.
Aktuell laufen international auf wissenschaftlicher Ebene Diskussionen rund um die Umrechnungsmetrik für kurzlebige Treibhausgase wie Methan. Das Urner Klimaschutzkonzept kann diese Diskussionen nicht berücksichtigen, da eine neue, konsolidierte Umrechnungsmetrik noch fehlt. Die Massnahmen im Konzept würden aber auch mit einer künftig anderen Berechnung der Klimawirkung von Methanemissionen ihre Gültigkeit behalten.
CO2 | CH4 | N2O | Synthet. Gase | Total | |
---|---|---|---|---|---|
Verkehr | 123'251 | 119 | 1'200 | 2'309 | 126'879 |
Haushalte | 26'839 | 41 | 125 | 0 | 27'005 |
Dienstleistungen7 | 4'884 | 3 | 0 | 5'843 | 10'731 |
Industrie | 30'304 | 40 | 237 | 0 | 30'580 |
Abfall und Abwasser | 0 | 3'822 | 1'325 | 0 | 5'148 |
Landwirtschaft8 | 2'293 | 26'287 | 11'826 | 0 | 40'406 |
Total | 187'572 | 30'312 | 14'714 | 8'152 | 240'749 |
Alle Daten in CO2-Äquivalenten, Stand 2020. Daten: Ecospeed Region und kantonaler Emissionskataster
Der Kanton Uri stellt sich hinter die nationale Zielsetzung Netto-Null bis 2050. Die direkten Treibhausgasemissionen beliefen sich im Jahr 2020 auf rund 241’000 Tonnen CO2-Äquivalente. Will der Kanton das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 182’000 Tonnen CO2-Äquivalente und bis 2040 auf 108’000 Tonnen CO2-Äquivalente reduziert werden.
Quelle: Grundlagenbericht Ecoplan, Daten: Ecospeed Region und Infras/Meteotest (2021), gestützt auf Energieperspektiven 2050+
Der Absenkpfad berücksichtigt, dass zum Zeitpunkt 2050 unvermeidbare Emissionen verbleiben. Diese fallen zu rund 90 Prozent in der Landwirtschaft an. Sie müssen mithilfe von Negativemissionstechnologien ausgeglichen werden.
Alle sind gefordert – helfen auch Sie mit, das Ziel zu erreichen!
In verschiedenen Bereichen können der Bund, die Kantone und die Gemeinden die Reduktion der Treibhausgasemissionen mit rechtlichen Vorgaben steuern. Verbote und Gebote, aber auch Lenkungsabgaben und Anreize, schaffen die notwendigen Voraussetzungen. Darüber hinaus kommt der öffentlichen Hand als Bestellerin von Dienstleistungen, als Besitzerin wichtiger staatlicher und halbstaatlicher Unternehmen sowie als Vorbild eine wichtige Funktion zu.
Klimabewusstes Unternehmertum kann viel dazu beitragen, dass in Zukunft weniger Treibhausgase ausgestossen werden. Bereits heute profilieren sich private Unternehmen, indem sie sich freiwillig Reduktionsziele setzen, klimaverträglichere Produkte entwickeln oder anbieten und generell den Klimaschutz in ihrer Geschäftstätigkeit stärker berücksichtigen.
Jede und jeder kann mit einem klimaschonenden Konsumverhalten dazu beitragen, dass weniger Treibhausgase ausgestossen werden. Ein angepasster Lebensstil spart einerseits Treibhausgasemissionen, andererseits beeinflusst eine veränderte Nachfrage auch das Angebot der Unternehmen.
In Übereinstimmung mit der nationalen Klimapolitik werden für die Bilanzierung der Emissionen, die durch Aktivitäten auf Urner Kantonsgebiet entstehen, 8 Sektoren berücksichtigt.
Um auf dem bis 2030 vorgegebenen Absenkpfad zu bleiben, werden von allen Sektoren grosse Beiträge eingefordert. Die grösste absolute Abnahme braucht es mit 27’000 Tonnen CO2-Äquivalenten im Verkehrssektor. Relativ betrachtet ist die grösste Emissionsabnahme hingegen bei den Gebäuden notwendig (Sektor Haushalte: –54 Prozent, Sektor Dienstleistungen: –51 Prozent).
Zusätzlich zu den Sektoren werden ebenfalls Massnahmen im Rahmen sogenannter Querschnittsthemen umgesetzt. Diese sind: Vorbildfunktion Kanton, Tourismus, Konsum und Finanzen. Allerdings fliessen sie nicht in die Treibhausgas-Bilanzierung ein, da die Emissionen bereits im Rahmen der Sektoren erhoben werden und es sonst zu Doppelzählungen käme.
Der Nutzen des Klimaschutzes besteht darin, die negativen Auswirkungen des Klimawandels sowie die damit verbundenen Kosten zu reduzieren.
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine Alternative zur Reduktion der THG-Emissionen auf Netto-Null.
Die Frage ist nicht, ob, sondern wie die Transformation hin zu einer Netto-Null-Gesellschaft gelingen kann, welche Kosten mit dieser Transformation verbunden sind und wie im Vergleich dazu der Nutzen aus eingesparten Kosten und vermiedenen Schäden zu bewerten ist. Die Umsetzung der Massnahmen des Urner Klimaschutzkonzepts wird nicht gratis sein. Getragen werden die notwendigen Investitions-, Betriebs- und Unterhaltskosten vom Staat, von Unternehmen und von Privatpersonen.
Die (einmaligen) Investitionskosten für den Kanton betragen grob geschätzt 2,1 bis 4,5 Mio. CHF bis 2030. Dies entspricht gemäss Kantonsrechnung 2022 ungefähr 4,6 bis 10,2 % der Nettoinvestitionen. Werden nur die nicht-energetischen Massnahmen berücksichtigt, betragen die Investitionskosten ca. 1,6 bis 3,6 Mio. CHF bis 2030 (rund 3,7 bis 8 % der Nettoinvestitionen). In dieser Abschätzung nicht enthalten sind die Ausgaben für grosse (Infrastruktur-)Projekte von kantonaler Bedeutung wie z. B. Verkehrsdrehscheiben oder Fuss- und Velowegverbindungen zwischen den Gemeinden, da diese Projekte nicht in erster Linie wegen des Klimaschutzes realisiert werden.
Die wiederkehrenden Kosten für den Kanton bis 2030 belaufen sich auf ca. 1,8 bis 4,7 Mio. CHF pro Jahr. Dies entspricht 0,4 bis 1,1 % des Aufwands gemäss Kantonsrechnung 2022. Für die nicht-energetischen Massnahmen allein entspricht dies ca. 1,3 bis 3,4 Mio. CHF pro Jahr (rund 0,3 bis 0,8 % des jährlichen Aufwands). Nicht enthalten sind die Kosten für den Ausbau des öV-Angebots, weil sich diese erst auf Basis eines Ausbaukonzepts abschätzen lassen.
Neben den volkswirtschaftlichen Kosten entstehen auch Kosten für Privatpersonen und Unternehmen. Diese dürften höher ausfallen, auch wenn diverse Möglichkeiten zu Steuereinsparungen bei der Umsetzung von energiesparenden Massnahmen bestehen. Zusatzkosten ergeben sich insbesondere durch Massnahmen im Gebäudebereich (Sanierung von Gebäudehüllen, Ersetzen der Heizsysteme, Installation von PV-Anlagen). Auch die Umstellung des privaten Fahrzeug- und Maschinenparks wird mit beträchtlichen Investitionen verbunden sein. Diesen Kosten steht allerdings der ohnehin vorhandene Bedarf für Erneuerungs- und Ersatzinvestitionen gegenüber. Auch dürfte ein Grossteil der Kosten über die Lebensdauer durch Einsparungen bei den Energie und Unterhaltskosten wettgemacht werden.
Die Kosten für den Klimaschutz sollten stets mit den potenziellen Schadenskosten des Nichts-Tuns verglichen werden.
Die Schadenskosten ohne Klimaschutz dürften im Vergleich zu den Kosten für Klimaschutzmassnahmen um ein Vielfaches höher ausfallen.
Es ist deshalb zu erwarten, dass auf längere Sicht der Nutzen (vermiedene Klimaschäden) weit grösser sein wird als die Kosten für die ergriffenen Massnahmen.